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Interview mit Jochen Hick für Produktionsnotizen

Interview mit Jochen Hick für "aufblende"
Interview mit Jochen Hick für ddp-Presseagentur
Interview mit Jochen Hick mit "ADAM" Magazin
Interview mit Jochen Hick in "MÄNNER AKTUELL"
Interview mit Jochen Hick in "OUR MUNICH"

Interview mit Jochen Hick in "TAZ Hamburg"
Interview mit Jochen Hick in "Siegessäule"
Interview mit Stefan Braun in "gayweb.de"
Interview mit Jochen Hick in "Deutschlandradio" (auch Audio)

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INTERVIEW mit Jochen Hick

Sie haben in Ihren bisherigen Dokumentarfilmen ('Menmaniacs’, 'Sex/Life in L.A’) vor allem US- amerikanische Lebenswelten skizziert. Worin unterscheidet sich Ihrer Meinung nach eine deutsche schwule Welt von einer amerikanischen?
Ich würde sagen, schwule Lebenswelten unterscheiden sich zwischen Land und Stadt viel mehr als zwischen Köln und beispielsweise Los Angeles. Während ein Schwuler in Berlin eher sein Leben mit Schwulen verbringt, führt sein Pendant auf dem Lande ein Leben allein unter Heteros. Das sagt allerdings nichts über die Qualität, Wärme oder Wahrhaftigkeit dieses Lebens aus. „Sex/Life in L.A.“ und „Ich kenn keinen“ zeigen zwei extrem unterschiedliche Lebenswelten: L.A. als Endstation und Versprechen eines ständig erotisierten und prallen schwulen Lebens, die schwäbische Provinz dagegen als eine Region mit wenigen schwulen Möglichkeiten. Viele ziehen in die Stadt, manche aber bleiben in der Provinz. Doch dies ist kein Schwarz-Weiss: In „Ich kenn' keinen“ wirken die Protagonisten auf ihre Art mindestens ebenso couragiert und oft auch offener als ihre grossstädtischen und manchmal grossmäuligen Kollegen. Und USA versus Deutschland? Schwules Leben in Deutschland wird (hoffentlich) nie so konsumorientiert wie in Amerika werden, es ist aber leider auf dem besten Wege dorthin. Das konsumptive Prinzip (auch im amourösen Leben) erzeugt im Grunde nur Lust auf noch mehr Konsum und hinterlässt zunehmend ein defizitäres Gefühl.

Der Film zeigt schwäbische Bürger und deren heterosexuelle Kommentare über das Schwulsein. Wie erleben die schwulen Darsteller des Films die z.T. scharfe Entwertung ihres Lebensstils?
Die Protagonisten ertragen dies fast stoisch und, was mich überraschte, ohne grosse Widerrede. Es hat mich erstaunt, wie wenig Hartmut, Stefan, Uwe und Richard von ihrer Umwelt fordern. Und trotzdem – oder vielleicht deswegen - ist ihre Umgebung wenig gewillt, den schwulen Belangen eine gewisse Sensibilität entgegenzubringen. Dies erstaunt umso mehr, als die Umgebung ausser dem Wissen um die Homosexualität der Personen ja nie etwas von deren Beziehungen mitbekommt, weil die Protagonisten gelernt haben, kein erotisches Leben dort zuführen, wo sie eigentlich zuhause sind. Das ist sicherlich nicht nur schwabenspezifisch zu sehen. Ich denke, ein solches Umfeld findet man auch in anderen ländlichen Gegenden und in den kleineren Städten.

Schwule erscheinen in Ihrem Film einer dörflichen Gemeinschaft als unbekannte und fremde Wesen. Wie schätzen Sie die Chancengleichheit zwischen Homosexuellen und Heterosexuellen ein?
Eine Chancengleichheit gibt es nicht, die Homosexuellen müssen auch heute noch so viel Anpassungs- oder Abgrenzungsleistung erbringen, dass eine unbeschwerte Entwicklung nicht möglich scheint. Die Vorurteile auf dem Land haben mich eigentlich nicht überrascht, es bedarf normalerweise auch nicht viel, einem scheinbar aufgeklärten heterosexuellen Grossstadtbewohner binnen Kürze ein paar schwulenfeindliche Bemerkungen zu entlocken. Ich finde es trotzdem immer wieder erstaunlich, wie die Leute es schaffen, das Thema Homosexualität mit solch (schwäbischer) Gründlichkeit aus ihrem Leben herauszuhalten, so dass sie ernsthaft behaupten können, wirklich keinen zu kennen. Entweder es gibt den homosexuellen 5 -10% Anteil in der Bevölkerung oder die soziodemographische Wissenschaft hat sich verrechnet.

Manche heterosexuellen Kommentare erinnern an die finsteren Zeiten des dritten Reiches. Glauben Sie, das dies ein besonders deutsches Phänomen ist?
Ich weiß nicht, ob dies ein deutsches Phänomen ist. Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass Deutschland im Umgang mit Minderheiten noch etwas zu lernen hat. Man soll ja nicht mit historischen Vergleichen herumwerfen, aber es könnten sich sicher einige Parallelen in der Beurteilung von Schwulen und Juden finden lassen. Bis heute findet sich in der öffentlichen Meinung der Begriff des „netten“ Juden wie auch den des „frechen“ Juden, der es wagt, öffentlich ungewohnte Dinge zu sagen. Mit solchen Kategorisierungen werden auch Schwule belegt, wie der Film zeigt: Am Stammtisch wird das Outing von Wowereit als „unmöglich“ bezeichnet, aber gleichzeitig wird das Outing des HIV-positiven Schwulen im Ort als mutig angesehen. In der Kirchengemeinde wird über die exaltierten Schwulen auf dem CSD hergezogen, die angeblich die „netten“ Schwulen in Misskredit bringen. Der relativ unauffällig wirkende, sich fast entschuldigende schwule Sohn der Schwulenaktivistin Erika wird jedoch für seine diskrete Zurückhaltung gelobt. Die Sprüche „ich hab nichts gegen Schwule“ oder „mich stören sie nicht, solange sie....“ oder was „normal“ ist, geht den meisten so einfach über die Lippen, als hätten sie nie jemanden getroffen, der sie je zum Nachdenken über das Thema angeregt hätte. Das scheinen weder die Lehrer, die Pfarrer noch die Ärzte (die drei ländlichen Institutionen) übernommen zu haben, denn die kennen ja auch keine Schwulen, wie sie im Film immer wieder beteuern. Die Kirchen, insbesondere die katholische Kirche, betreiben bis heute eine seltsame Meinungsbildung zum Thema Schwule, was der Film ebenfalls zeigt.

Ihre schwulen Darsteller führen ein eher bescheidenes und unauffälliges Leben im Vergleich zum städtischen Szeneschwulen. Gibt es eine Art Solidarität oder zumindest ein Verständnis zwischen beiden Gruppen ?
Ich glaube, es gibt sicherlich ein grundsätzliches Verständnis. Denkt man zum Beispiel an Berlin, so kommen die meisten Berliner Schwulen eben nicht aus anderen Grossstädten, sondern eher aus der tiefsten deutschen Provinz. In Berlin angekommen, wird mancher die Herkunft vergessen wollen, sicherlich nicht, weil er den Schwarzwald hässlich findet, sondern weil die Provinz ihn in seiner Entwicklung als Schwuler irgendwie behindert hat. Vielleicht fehlte auch die Energie, der heterosexuellen Atmosphäre dort standzuhalten. Schwule – oder vielleicht generell Menschen, die ihre Heimat oder Herkunft verleugnen müssen – tendieren manchmal dazu, die zu entwerten, die eine irgendwie ähnliche Geschichte haben. Vielleicht, um nicht an unbewältigte oder traumatisierende Geschehnisse erinnert zu werden. Deswegen würde ich sagen, erscheint mir die Solidarität zwischen Stadt- und Landschwulen eher mässig oder besser gesagt: die Belange der Landschwulen werden gerne mal ignoriert.

Wie gelang es Ihnen, die Darsteller - trotz ihres restriktiven Umfeldes - zu sehr offenen Äusserungen vor der Kamera zu bewegen?
Immer dran bleiben und Vertrauen schaffen und das Gefühl geben, dass das Vertrauen auch nicht missbraucht wird. Wichtig ist es, dass sich die Personen auch gemeint und gut aufgehoben fühlen. Natürlich ist es ironisch, wenn der 78-jährige Richard in seinem ersten Satz im Film sagt, er habe sich nie geoutet, es sei nie nötig gewesen, weil ihn nie jemand danach gefragt habe und er sich dennoch sicher sei, dass es viele vermutet hätten. Und dann erzählt er seine Lebensgeschichte gleich in einem Kinofilm für ein grösseres Publikum. Es sind jedoch nicht nur die Äusserungen, ich finde alle Protago-nisten haben mir einen Zugang zu sehr intimen Situationen erlaubt und dafür kann ich mich nur bedanken.

Sie sind dafür bekannt, schwule Themen in Dokumentarfilmen und auch im Spielfilmen ('Via Appia', 'No One Sleeps’) zu behandeln. Wen interessieren diese Themen?
Ich glaube, es gibt viele, die diese Themen interessieren, weil sie im Fernsehen und im Kino in der Regel nur fragmentarisch behandelt werden. Sagen wir mal so: der durchschnittliche deutsche Fernsehzuschauer weiß mehr über das Liebesleben von Quallen als über das alltägliche Leben von Schwulen.

Als einer der wenigen unabhängigen deutschen Filmemacher hört man Sie öffentlich selten über die deutsche Filmlandschaft jammern und offenbar gelingt es Ihnen regelmässig, eigenständige Produkte vorzulegen. Was tun Sie dafür?
Naja, ganz so unabhängig bin ich auch nicht, aber in Zeiten, in denen ich keinerlei Gelder von Förderungen und vom Fernsehen bekommen habe, habe ich gelernt, mit wenig Geld und viel persönlichem Engagement für Peanuts Produkte herzustellen, die trotzdem einen Markt erreicht haben und auch international in gewisser Weise erfolgreich waren.

Was würden Sie sich wünschen, auf was dieser durchaus politische Film aufmerksam machen sollte?
Wenn er zuweilen daran erinnern würde, wie weit eine auch nur annähernde Gleichberechtigung noch entfernt ist. Und wie selbstgefällig manches pseudoliberale Getue ist, dem Schwule und Lesben tagtäglich ausgesetzt sind – beginnend in Familie, Schule, Kirche, Arbeit bis hin zum reaktionären Gepöbel. Und dass es womöglich auch unüberbrückbare Unterschiede zwischen Heterosexuellen und Schwulen gibt, die man eben auch mal aushalten muss. Vielleicht auch, um manch alerte schwule Grossstadtperspektive zu relativieren. Vielleicht auch, um zu zeigen, dass eine CSD Parade auch heute noch mehr Sinn verfolgen darf, als für Jacobs Kaffee, Red Bull oder West Zigaretten Werbeträger zu sein. Aber so bierernst sehe ich die Sache sicherlich selbst nicht. Bei so vielen urkomischen Aussagen, die ich während der Dreharbeiten zum Schwulsein eingesammelt habe, habe ich noch heute viel zu lachen.


 

Interview mit "aufblende" 1/03

Nach 1995, 1998 und 2000 läuft bereits zum vierten Mal einer Ihrer langen Filme im "Panorama" der Berlinale. Immer noch etwas Besonderes?
Ja klar, auf jeden Fall. Ich freue mich riesig. Berlin ist ein sehr guter STart. ICH KENN KEINEN unterscheidet sich sehr stark von meinen anderen Filmen VIA APPIA, MENMANIACS, SEX/LIFE IN L.A: und NO ONE SLEEPS, die alle im Ausland, in den USA oder Brasilien gedreht wurden. Mein aktueller Film spielt in der deutschen Provinz.

Sie zeigen den Alltag von schwulen Männern auf dem Land. Warum?
Ich will zeigen, daß schwule Lebenswelten vor allem Bestandteil einer postmodernen städtischen Kultur sind. In den grossen Städten sind Schwule mehr oder weniger akzeptiert, sie müssen ihre Homosexualität nicht mehr verheimlichen. Auf dem Lande dagegen gibt es nachwievor Probleme. Hier gibt es keine Netzwerke, keinen schwulen Lebensstil. Sie sind allein undter Heteros. Deswegen flüchten viele in die Metropolen nach Köln, Hamburg und Berlin.

Wer tritt vor die Kamera, und wie haben Sie die Protagonisten gefunden?
Insgesamt 12.000 Kilometer war ich in Baden-Württemberg unterwegs, um die vier, das sind Stefan, Uwe, Hartmut und Richard, zu finden. Sie leben, ausser Richard, gerne in ihren Dörfern, wollen nicht in die Stadt. Ich zeige den Alltag dieser vier schwulen Männer auf dem Land und begleite sie bei ihren Reisen, oder besser Fluchten, nach Zürich, Berlin und Thailand. Aber nicht nur sie kommen zu Wort. Vor allem auch die heterosexuellen Verwandten, Freunde, Mütter, Pfarrer, Ferinebekanntschaften und der Gemeinderat. Sie alle äussern sich vor der Kamera über schwule Lebenswelten und fällen häufig vernichtende Urteile.

Und. Ihr Fazit?
Es ist beklemmend, teilweise erschütternd in welcher Umgebung die Schwulen leben, freiwillig leben. Wie sehr sie sich auch von einer städtischen, liberalen Szene distanzieren. Der Film entlarvt gleichzeitig die angeblich normale Welt der Heteros als eine Welt voller Vorurteile und Klischees und zeigt auf sehr unterhaltsame und oft witzige Weise, dass wir noch weit entfernt sind von einer Normalität des Miteinanders.

 

Interview in TAZ Hamburg (5.3.2004)

taz: Herr Hick, Sie haben mal gesagt, der durschschnittliche deutsche Fernsehzuschauer wisse mehr über das Liebesleben von Quallen als über den Alltag von Schwulen. Meinen Sie das bitter oder belustigt? JochenHick: Beides. Es zählt ja eigentlich nur, was im Fernsehen ist. Was nicht im Fernsehen ist, ist nicht existent. So lange es keine schwulen oder lesbischen Hautprollen um 19.30 oder 20.15 Uhr gibt, gibt es ein Problem.

Und diesen Missstand wollen Sie mit Filmen wie "Allein unter Heteros" beheben? Ich glaube nicht, dass ich ihn beheben kann. Wir laufen ja auch nur auf 3 Sat.

Aber der Film kommt jetzt doch ins Kino! Gut, wir kommen ins Kino, das bringt natürlich eine große Öffentlichkeit. Wir waren auf über 60 Festivals auf der ganzen Welt, das ist schon erfreulich.

Was wollen Sie mit dem Film mitteilen? Erstmal will ich was zeigen. Ich hab' ja schon relativ viele Filme in den USA und in anderen Ländern gemacht, aber es gibt wenig Bilder über Schwule, die auf dem Land leben. In Deutschland denken die Leute ja, es ist alles schon so irre weit.

Überall schwule Bürgermeister, zum Beispiel. Genau, und die ganzen Gay-Parades. Aber im Grunde, und dazu muss man nicht aufs Land fahren, ist so viel noch gar nicht angekommen. Das Unbehagen bleibt. Das ändert sich nicht dadurch, dass sich ein Talkmaster schwul outet.

"Ich kenn' keinen": Es gibt in Ihrem Film ja tatsächlich Leute, die das sagen. Das Komische ist ja, normalerweise müssten die Leute denken, wenn da so ein Filmemacher vor ihnen steht, da sag ich doch besser, ich kenn ein paar, aber ich habe mit denen nichts zu tun. Aber die Leute überlegen wirklich und sagen dann: "Ich kenn' keinen".

Schwulsein ist also komplett ausgeblendet. Manchmal kommt man da in spannende Situationen, wenn zum Beispiel ein Arzt sagt, ich habe nie einen gekannt. Dann erinnert er sich, es gab ja da so einen Onkel, aber das war eine düstere, traurige Geschichte.

Was bedeutet das für die Schwulen? Es gibt ja einen Grund, dass man keine kennt, denn viele outen sich nicht. Es gibt da viel Angsthäsigkeit auch bei den Schwulen selbst, nicht nur auf dem Land. Da muss man nur mal nach Berlin gehen und sehen, wie viele Leute ihren Eltern noch keinen reinen Wein eingeschenkt haben.

Und was ist die Lösung? Die Lösung ist oft, trotzdem zu heiraten, viel herumzureisen und zu denken, dass Sex nicht so wichtig ist. Aber das bedeutet natürlich oft, auf Intimität zu verzichten. Manche outen sich auch, und das ist dann gar nicht so dramatisch. Der Film zeigt ja keine Umgebung, die gegen Schwule ist, sondern eine, die es gut meint, und trotzdem kommen dann solche Voruteile.

Was für Vorurteile? Die sagen, ich würd' dir gerne helfen bei deiner Krankheit. Solche Sprüche haben wir en masse. Oder die Mutter, die sagt, bei Stefan hab' ich's ja nicht gedacht. Der war eigentlich so ein fröhliches Kind.

Interview: Daniel Wiese

 

INTERVIEW mit Stefan Braun in gayweb.de

Der Film "Ich kenn keinen - Allein unter Heteros" von Jochen Hick läuft jetzt in den Kinos. Im letzten Jahr erhielt der Dokumentarspielfilm den begehrten TEDDY-AWARD. Erzählt werden die Geschichten von Menschen aus der Provinz. Gedreht wurde u.a. in Oberschwaben.Stefan Braun ist gelernter Forstwirt. Er wohnt in Michelwinnaden bei Bad Waldsee in Oberschwaben. Zur Zeit macht Stefan eine Umschulung zum Event-Manager in Regensburg. Für gay-web hat er sich die Zeit genommen um das folgende Interview zu führen:
gay-web: Wie bist zu dem Film-Projekt gestoßen? Jochen Hick ist eines Tages mal zu einem Vorbereitungs-Treffen zum CSD am See gekommen. Dort hat er seine Idee vorgestellt und in die Runde gefragt, ob jemand von uns mitmachen möchte. Ich habe dann spontan ja gesagt. Zuerst habe ich mir keine Gedanken gemacht, ob ich überhaupt genommen werde für den Film. Eines Tages bekam ich dann Post von Jochen Hick mit der Frage, ob ich immer noch an dem Film Interesse hätte. Ich habe ihm dann zurück geschrieben, dass ich immer noch zu meiner Zusage stehen würde und ich nun auch keinen Rückzieher mehr machen würde. So kam es dann dazu, dass ich in dem Film mitgespielt habe.
gay-web: Wie würdest du dein schwules Leben in der Provinz beschreiben? Mein schwules Leben ist eigentlich sehr schön. Ich habe zwar auch mit Anfeindungen zu kämpfen, aber es hält sich in Grenzen. In der "Provinz" kennen mich sehr viele Leute vom Sehen. Ich finde die "Provinz" ist nicht so anonym wie die Großstadt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, da ich andernfalls die Gefahr sehen würde, zu vereinsamen und auch keine wirklichen Freunde zu finden. Auch das Miteinander ist in der "Provinz" etwas besser als in den Großstädten.
Hier habe ich nur einen kurzen Weg, bis ich im Wald bin um einen Spaziergang zu machen oder nur die Ruhe zu genießen, die die Natur ausstrahlt. So im Ganzen gesehen, muss ich sagen, dass die "Provinz" was für sich hat - aber das tut die Großstadt auch.
gay-web: Was wolltest du mit deinem Beitrag zu diesem Film erreichen? Mit meinem Auftritt wollte ich aufzeigen, dass man als Schwuler ganz gut in der "Provinz" leben kann, mindestens so gut wie in der Stadt. Ich möchte gerne zeigen, dass man nicht nur in einer Stadt seine Homosexualität ausleben kann, sondern eben auch hier in Oberschwaben sehr gut leben kann. Ich hoffe mal, dass der Film jedem, der sein Coming-Out noch nicht hatte, zeigt, dass er nicht zuerst in eine Stadt ziehen muss, um sich outen zu können. Auch auf dem Land geht es gut, auch wenn es schwerer ist als in einer Stadt. Für mich war es damals sehr einfach, da ich gute Freunde hatte, die mich bei meinem Coming-Out unterstützt haben. Mein soziales Umfeld hat sich durch mein Coming-Out nicht groß geändert. Ich finde, das hat sehr viel Wert, da ich die Schwierigkeiten dadurch besser meistern konnte. Dafür bin ich meinen Freunden (Michael Gruber, Dirk Novak) sehr dankbar.
gay-web: Denkst du, dass junge Schwule in der Provinz bei ihrem Coming-Out unterstützt werden können? Natürlich können jung und alt bei ihrem Coming-out unterstützt werden. Dafür gibt hier in Ravensburg die AIDS-Hilfe Bodensee/Oberschwaben. Dort kann man sich informieren und Hilfestellung für sein Coming-Out bekommen. Es gibt auch eine Jungendgruppe, die sich in der AIDS-Hilfe trifft. gay-web : Vielen Dank für das Interview!


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